Aus der Schulchronik der israelitischen Schule von Eiterfeld 1880 – 1933

Teil I bis 1905

 

Die Schulchronik,

welche der Lehrer zu führen hat, bietet dem Lehrer nützliche und angenehme Beschäftigung und Gelegenheit, manches aus der Heimatkunde und aus der Geschichte der Gemeinde für das kommende Geschlecht aufzubewahren. Es wird dadurch sowohl bei den Lehrern als auch bei der Jugend und den Gemeindegliedern das Interesse für die Geschichte der Heimat und des Vaterlandes geweckt und genährt.

Eiterfeld, den 22. Januar 1880, I. Fauerbach, Lehrer

 

I Die israelitische Gemeinde zu Eiterfeld

Eiterfeld liegt in einer gesunden, angenehmen und ziemlich fruchtbaren Gegend am Fuße des Waldortes Lichtberg. Am Fuße dieses Berges und südöstlich vom Orte entspringt ein Bach, die Eitra, welche in die Haune mündet und von welcher Eiterfeld wahrscheinlich seinen Namen erhalten hat. Eiterfeld ist ein altes, schon im 8. Jahrhundert ansehn­lich bevölkertes Dorf.

Es ist bekannt, dass schon im Mittelalter Israeliten hier wohnten, jedoch kann es nicht ermittelt werden, wann und durch welches Ereignis die Ansiedlung der Israeliten stattfand. Vermutet wird, dass sie von Rasdorf, wo zur Zeit der Kreuzzüge die Israeliten ausgetrieben wurden, hierher gezogen waren.

Eiterfeld, Sitz eines Amtsgerichts zählte im Jahre 1874  573 Seelen, worunter 93 Israeliten waren.

 

II  Die israelitische Schule zu Eiterfeld

  • Lehrer Isack Fauerbach 1861 – 31.9.1904

Zum Schulverbund gehört seit 1861 Buchenau. Der Haupterwerb der Bewohner ist Ackerbau und Viehzucht. Der größte Teil der Bewohner ist katholisch. 18 Familien sind Israeliten, welche hauptsächlich Handel treiben, aber auch sich mit Ackerbau beschäftigen.

Ausschnitt aus dem Schülerbuch der jüdischen Schule Eiterfeld
Ausschnitt aus dem Schülerbuch der jüdischen Schule Eiterfeld

Die israelitische Schule ist erst seit 1857 Elementarschule geworden. In diesem Jahre (März 1857) starb jedoch der damals als Religionslehrer angestellte Lehrer und blieb die neue Elementarlehrerstelle bis August 1861 unbesetzt.

Bei Ernennung der Religionsschule zur Elementarschule (vordem besuchten die Kinder die Ortsschule) wurde die Gemeinde Buchenau (israelitische) der hiesigen zugesellt und musste der Lehrer aufgrund eines Vertrages zweimal wöchentlich in Buchenau unterrichten. Dieses Schulverhältnis wurde aber im Jahre 1871 aufgehoben und die Schüler in Buchenau müssen seitdem die Schule in Eiterfeld besuchen.

Als Schullokal dienten die Mietwohnungen bei Markus Müller bis zum Jahre 1846, bei dem Lehrer M. Rapp bis zum Jahre 1857. Bei Beginn der Elementarschule befand sich das Unterrichtslokal bei der Witwe des Herz Tannenbaum. Nachdem dieses Lokal nicht mehr genügte, wurde solches in das Haus des Moses Wiesenfelder, Nachbesitzer von Selig Wertheim, verlegt. Die bis jetzt noch bekannten Lehrer (Religionslehrer, Rabbi) waren: Bamberger, Cahn, Wiesenfelder, Fauerbach, Rapp.

 

Vom August 1861 ab wird die Elementarlehrerstelle von J. Fauerbach, aus Rhina gebürtig, versehen. Dieser bezog ein Anfangsgehalt von 120 Taler, welches später durch allerhöchste Verordnung vom 29. Juli 1867 und Beschluss Königlicher Regierung ... auf 750 Mark nebst 100 Mark Wohnungsentschädigung und 90 Mark für Heizung erhöht wurde.

Eiterfeld besitzt eine im Jahr 1830 erbaute Synagoge. Vom Jahre 1865 an nahmen die Israeliten von Buchenau am hiesigen Gottesdienste teil. Nachdem diese aber im Jahre 1879 zu den Kosten der Kultus-Verwaltung beitragen soll­ten, blieben sie vom Gottesdienste fern und schlossen sich einstweilen der Gemeinde Erdmannrode an. Das Schulver­hältnis blieb unverändert.

Am 27. März 1882 hat Königliche Regierung die Genehmigung erteilt, dass die Israeliten, welche seither zur Synagogengemeinde Buchenau gehört haben, fortan der Synagogengemeinde Eiterfeld zugeteilt werden. Buchenau zählte bei der Auflösung 2 Familien: Daniel Löbenstein und Heß Rosenstock.

Als Schulrevisoren fungieren: Herr Dr. Konze zu Hünfeld als Kreis- und Lokalschulinspektor und Herr Provinzialrabbiner Dr. M. Cahn zu Fulda für den Religionsunterricht.

(Lehrer Isack Fauerbach verzeichnet in den Schuljahren 1882 und 1883 folgende Maßnahmen der Schulaufsicht:)

„...prüfung am 9. Februar 1882 abgehalten. Local-Revision am 8. März 1882. Am 30. Mai 1882 fand eine Local-Revision statt. Herr Rabbiner Dr. Cahn zu Fulda hielt am 29. August die Schulprüfung ab. 1883: Local-Revision am 18. Mai. Hauptprüfung d. Herrn Dr. Ebert am 13. Juni. Die Religionsprüfung wurde am 14. Dezemb. durch Herrn Rabb. Dr. Cahn abgehalten.“   

Herr Kreisschulinspektor Dr. Konze ist vom 1. Juli 1882 ab nach Saarlouis Herzig, Regierungsbezirk Trier versetzt worden, und ist an dessen Stelle der Pfarrer Herr Dr. Ebert zu Rasdorf als Oberschulinspektor des diesseitigen Bezirkes getreten. Die Lokalschulinspektion ist dem Herrn Kaplan Scheich dahier übertragen worden. Dieser hat diese Inspektion nur bis zum 15. Mai 1885 geführt, da er nach Oberrodenbach versetzt wurde.

(Lehrer Isack Fauerbach berichtet im Schuljahr 1884 von folgendem  Ereignis:)

„Am 17. Januar (1884) wurde ein Thora-Einweihungsfest gefeiert. Am Festzuge beteiligte sich Herr Amtsrichter Wankel, pr. Arzt Dr. Griesel und Sohn, der Bürgermeister und andere mehr. Die Aufstellung der Thora war im Hause des Kalmann Wiesenfelder, Herr Rabb. Dr. Kahn zu Fulda hielt die Festrede. Die Thora wurde vom Verein „Chewah geuloth Chessed“ (Wohltätigkeitsverein der Gemeinde) gegeben. Die „Ssefer“ (Thorarolle) ist vom Schreiber (Ssofer) N. Grünbaum aus Fulda gestellt worden."

Am 1. August 1885 trat eine Schullokal-Veränderung ein. Das Lokal im M. Wisenfelder‘schen Hause wurde verlas­sen und das den Herren Herz Wiesenfelder und Levi Nußbaum zustehende Johann Claus’sche Haus bezogen.

Die am 1. April 1886 in Schenklengsfeld gestorbene Beile Weinberg geb. Wertheim, eine geborene Eiterfelderin, hat der hiesigen israelitischen Gemeinde 1500 Mark testamentarisch vermacht mit der Bestimmung, dass das Kapital zum Synagogenbau verwendet werde.

Am 15. August 1886 waren es 25 Jahre, dass der Lehrer Isack Fauerbach die hiesige Lehrerstelle bekleidet. Aus dieser Veranlassung ist demselben von der Gemeinde ein Geschenk von 75 Mark gemacht worden.

Am 17. September 1886 ist Herr Dechant Weismüller von hier als Lokalschulinspektor ernannt worden. An Stelle des vorgenannten Weismüller trat vom 1. April 1890 an Herr Pfarrer Pfeifer dahier als Lokal- und später Herr De­chant Kaul zu Kirchhasel als Kreisschulinspektor.

Im Monat August 1891 wurde das Schullokal vom ehemals Claus‘schen Haus (Eigentümer Bäcker Bug) in das Haus des Bäckers Lomnitz verlegt. (Siehe Bericht vom Jahre 1885)

Im Jahre 1895 wurde die Synagoge restauriert. Dieselbe wurde erhöht und dadurch vergrößert dass der Balisch zum Synagogenraum gebracht wurde. Die innere Ausschmückung wurde vom Maler und Anstreicher Herr Brandau und die neuen Fenster von Herrn L. Wilkens, beide aus Hersfeld, ausgeführt bzw. hergestellt.

Die gleichzeitig neu angeschafften Synagogenbänke wurden vom Schreiner Schott aus Eitra angefertigt.

Am 1. Januar 1900: Das Schullokal ist seit Oktober 1898 bei Herz Wiesenfelder...

Seit einigen Jahren ist die Gemeinde zurückgegangen, indem 7 Familien abgezogen sind, sodass gegenwärtig die Gemeinde nur noch 13 Familien zählt. Die Schülerzahl ist auf 13 gesunken.

Die Gemeinde hat den vor der Synagoge gelegenen und früher dem Levi Müller gehörigen Garten käuflich erwor­ben.

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