3) Familie Joseph Strauss - Kolonialwarenhandlung, Fuldaer Straße 8 (heute Gartenstraße 1)
3) The Joseph Strauss Family - gocery store, "Fuldaer Strasse" 8 (nowadays "Gartenstraße" # 1)
Die Familie Strauss stammte väterlicherseits aus Rothenkirchen. Dort waren ihre Vorfahren seit Jahrhunderten ansässig gewesen. Als 1906 die Auflösung der Synagogengemeinde Rothenkirchen bevorstand, kaufte Abraham Strauss ein Haus in der Fuldaerstraße in Hünfeld, um dort ein Kolonialwarengeschäft einzurichten. Schon Abrahams Vater, der Seifensieder und Handelsmann Joseph Strauss (*1818), hatte den Handelsbetrieb 1843 in Rothenkirchen gegründet. Abraham Strauss (*1856) und Ehefrau Emilie geb. Kaufherr (*1858 in Lütter) hatten fünf Kinder: Berta (*1887), Julie (*1889), Meta (*1891), Paula (*1893) und Joseph (*1895). 1907 zog die Familie dann nach Hünfeld. Die Töchter verließen Hünfeld nach ihrer Heirat, Joseph sollte einmal das Geschäft übernehmen.
Nachdem Joseph Strauss die Volksschulzeit abgeschlossen hatte, stieg er in das Geschäft seines Vaters ein. Als der erste Weltkrieg kam (1914-1918) wurde Joseph Soldat und Vater Abraham musste in dieser Zeit das Geschäft allein führen. Glücklicherweise kehrte Joseph gesund aus dem Krieg heim, sodass im Lauf der Folgejahre das Geschäft erweitert und ein neuer Ladentrakt angebaut werden konnte. Zum Einzelhandel, der weiter unter dem Namen Abraham Strauss firmierte, kam der Großhandel unter dem Firmennamen Joseph Strauss hinzu. Nachdem die Eltern gestorben waren (Mutter Emilie 1922 und Vater Abraham 1927), oblag Joseph die alleinige Leitung der Firma.
Im März 1924 hatte er die junge Lilly Wertheim (*1903) geheiratet, Tochter des Handelsmannes Isaac Wertheim und seiner Ehefrau Frieda geb. Wertheim in Naumburg. Lilly und Joseph Strauss bekamen in Hünfeld drei Kinder:
Emilie (*23.3.1827)
Alfred (*26.5.1930)
Gertrud (*1.11.1934).
Die Kaufmannsfamilie Strauss war sowohl bei Juden wie bei Christen sehr geachtet und angesehen. Alle Leute des südlichen Stadtteils kauften im Laden Strauss ein. Als Großhändler belieferte Joseph auch die kleinen Geschäfte in den umliegenden Dörfern. Er kaufte die Waren en gros und bewahrte sie in seinen Lagerräumen auf. Die Kunden holten dann die bestellte Ware bei ihm ab. Die gesamte Büroarbeit erledigte Frau Strauss, die in besonderen Stoßzeiten wie im Sommer beim An- und Verkauf der Heidelbeeren, auch im Laden half. Zu ihrer Entlastung wurde eine Hausgehilfin, zeitweise auch ein Kindermädchen eingestellt. Im Laden war stets eine Verkäuferin beschäftigt – zuerst Marianne Winkler, dann bis 1938 Luise Bodesheim, "Josephs rechte Hand", die nach ihrer Heirat als Frau Breitung nach Friesenhausen in der Rhön zog.