Es begann mit dem Abtransport meiner beiden Tanten...
Karlheinz Brennicke schreibt am 2. November 1945 aus Frankfurt
In diesem und in späteren Briefen an seinen Freund Kurt, der offensichtlich rechtzeitig aus Frankfurt mit seinen Eltern in die USA emigriert oder geflohen war (es ist nicht bekannt, wer dieser Freund war), schildert Karlheinz die Situation in Frankfurt gegen Ende des Krieges und danach.
Da sein Vater Karl Brennicke eine jüdische Frau geheiratet hatte und ihr treu verbunden geblieben war (entgegen dem Willen der Nazis!) musste die Familie mit dem Schlimmsten rechnen und lebte unter permanenter Lebensgefahr.
Der "jüdisch versippte" Vater entging dem Straflager nur aufgrund seines Alters. Die jüdische Mutter blieb gewissermaßen durch Zufall vor der Deportation bewahrt. In Mischehen lebende oder konvertierte Juden kamen in der Regel später an die Reihe - nur hatten die Nazis am Kriegsende nicht mehr genügend Zeit, ihr verbrecherisches Werk zu vollenden. (s. NS Mischehe)
Doch Karlheinz, der ja im Sinne der NS-Rassengesetze ein sogenannter "Halbjude" war, wurde noch im Januar 1945 in ein Arbeitslager der "Organisation Todt" im Harz verschleppt.
Dort musste er wahrschein-lich in der Rüstungsindustrie oder in einem der unzähligen sog. kriegswichtigen Betriebe Zwangsarbeit leisten.
"Ab Herbst 1944 wurden 10.000–20.000 sogenannte „Halbjuden“ und Personen, die mit Juden verheiratet waren, in Spezialabteilungen zwangsrekrutiert oder im Zuge der sogenannten „Mischlingsaktion“ vom 19. September 1944 verhaftet und in OT-Lager verbracht."