Die jüdischen Gemeinden im Altkreis Hünfeld
Aus einer alten Akte über “Holzfron und Holzfrevel der Juden in und um Burghaun” sowie aus Abrechnungen der Familie des Ritters Hans Joachim von Haun erfahren wir, dass in den Jahren 1573 bis 1590 etliche Juden unterschiedlich lang und vermutlich mit ihren Familien als sogenannte “Schutzjuden” in dem Dorf Steinbach lebten.
Im Einzelnen hören wir von Balach, bzw. Balachs Frau, die gepfändet wird, weil sie unerlaubt Holz gehauenhat, von “Fybus zu Steinbach”, der jährlich 2 Gulden und 4 Böhmische Schutzgeld bezahlt sowie von Enoch, der Reisigwellen für den Steinbacher Förster macht. Weiter ist von Hannickel die Rede, der wie Fybus (auch Beybes genannt) beim Holzeinschlag hilft sowie von Hess, der zwei Birken Hochzeitsholz bekommt. Schließlich wird noch “der andere Jude ebenda" genannt, und 1589/90 taucht “der neue Jude zu Steinbach” auf, der 4 Knacken für eine Birke zahlt.
1832 bestand in Steinbach schließlich eine eigenständige jüdische Gemeinde mit 71 Personen in 15 Haushalten. Der höchste Stand wurde im Jahr 1842 mit 79 "Seelen" erreicht. Trotzdem gab es zu dieser Zeit nur sieben Schulkinder, von denen es heißt: "Die Kinder besuchen die christliche Schule des Ortes und ist allda weiter keine Schulanstalt."
Die Gemeinde hatte eine eigene Synagoge mit der Hausnummer 62, deren Standort auf dem Grundstück der heutigen Königstraße 38 war.
Am Ende des Jahres 1852 hatten die 44 noch in Steinbach lebenden Juden folgende Familiennamen: Stuokert (Stuckhardt), Kaufmann, Stern, Braunschweiger, Levi, Rothschild, Goldschmidt und Dessauer. Nach einer Erhebung im Jahr 1861 war die Zahl der jüdischen Bewohner schließlich auf 41 zurückgegangen. Die kleine Gemeinde konnte ungefähr diese Zahl noch etwa zwei Jahrzehnte halten und sogar zeitweilig eine eigene Schule betreiben. So heißt es in der Steinbacher Schulchronik:
"In Steinbach wohnt eine größere Anzahl jüdischer Familien. Sie besitzen im Haus Nr. 62 eine eigene Synagoge. Das Haus wurde vor einigen Jahren von seinem Besitzer Donatus Möller abgerissen und dort ein Neubau errichtet. Die jüdischen Kinder gingen in ihre eigene Schule. (*) Ab 1872 mussten laut Mitteilung des Synagogenältesten Braunschweiger die jüdischen Knaben am Turn- und die Mädchen am Handarbeitsunterricht der christlichen Schule teilnehmen. Nach 1880 zogen die jüdischen Familien aus Steinbach fort. Die letzte jüdische Familie, Moses Goldschmidt, verließ 1892 Steinbach und zog nach Burghaun."
* Es ist nicht erkennbar, zu welcher Zeit das gewesen sein mag. Auch kann es nur für kurze Zeit gewesen sein.
Am Nordgiebel der Synagoge soll nach Aussagen von einigen Dorfbewohnern ein Davidstern angebracht gewesen sein. Noch vor 1883 erwarb die politische Gemeinde dann das Anwesen und betrieb es als kommunale Einrichtung.- Offenbar hatte die Synagogengemeinde aufgrund ihrer schrumpfenden Mitglie-derzahl ihre Selbstständigkeit aufgeben müssen.
Später kaufte die Witwe Anna Möller das Anwesen und nutzte die ehemalige Synagoge mit ihrer Familie als Wohnhaus. Das Anwesen ist bis heute im Besitz von Angehörigen der Familie Möller.
Der Begräbnisplatz für die verstorbenen Juden war zu allen Zeiten der jüdische Zentralfriedhof im benachbarten Burghaun. Dort befinden sich 32 Grabstätten Steinbacher Juden aus der Zeit von 1795 bis 1888. Als Letzte wurde 1888 dort die Steinbacher Jüdin "Gitelche Goldschmidt" begraben.
Quellen:
- Elisabeth Sternberg-Siebert: Jüdisches Leben im Hünfelder Land – Juden in Burghaun, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2001, S36/37
- Der Bach? Die Bach - Steinbach - Einblicke in rund 700 Jahre Dorfgeschichte, S. 190-194 und 442