Die Familie Rosenstock - Teil I
Von der einstigen jüdischen Gemeinschaft in Buchenau lebten im September 1942 in der heutigen Hermann-Lietz-Straße 3 nur noch die unverheirateten Geschwister Rosenstock: Manchen (*1869), Helene (*1871), Veilchen (*1873), Malchen (*1881) und Levi (*1885).
Sie entstammten einer alteingesessenen und angesehenen Buchenauer Familie.
Der erste Buchenauer Rosenstock -soweit bisher feststellbar- war Abraham.
1) Abraham Rosenstock
2) Hesekiel (Hess) und Veigel Rosenstock
Abrahams Sohn Hesekiel (Hess) Rosenstock (*1754) ehelichte im Jahr 1790 eine junge Frau namens Veigel oder Veiel (*1767). Sie brachte vier Kinder zur Welt:
Abraham (1798 - 1845), Menachem (Manchen, 1806 - 1868), Ettel (Edel *1807), Reis (*1811)
> Abraham (*1798) heiratete 1827 Breinchen Oppenheim. Das Ehepaar bekam fünf Kinder in Buchenau, von denen drei im frühen Kindesalter starben, aber die beiden ältesten, Menachem (*1828) und Sarah (*1831) das Erwachsenenalter erreichten. Menachem zog nach Hamburg (Forschung Horst Rosenstock - FHR), wo er den Beruf eines Schächters ausübte. Er war zweimal verheiratet und hatte 6 Kinder. Sarah lebte später offenbar in Berlin, wo sie sich im Jahr 1909 evangelisch taufen ließ und den Namen Rosalie annahm. (FHR)
> Menachem (Manchen *1806) blieb in Buchenau ansässig.
> Ettel heiratete nach außerhalb einen Isak Nußbaum.
> Reiss (auch Röschen) wurde im Jahr 1839 die zweite Ehefrau von Mendel Katz in Neumorschen. (FHR)
Hesekiel, der in der jüdischen Gemeinde eine hervorgehobene Stellung (Chaber) inne hatte, auch als Rabbi bezeichnet wurde, starb am 4. 4. 1830, Veigel am 11. 5. 1845. Beide wurden auf dem jüdischen Sammelfriedhof in Burghaun begraben.
Hier ruht
ein redlicher Mann, der auf
dem Wege des Guten wandelte.
In Treue waren seine Werke.
Das ist der Chaber R. Jecheskel,
Sohn des Abraham aus Buchenau.
Er ging ein in seine Welt
mit gutem Namen
(am) 11. Nisan 5590
Seine Seele sei eingebunden
im Bunde des Lebens!
Hier ruht
eine achtbare,
züchtige und fromme Frau,
Frau Veigel, Ehefrau des
Chaber R. Jecheskel
aus Buchenau.
Gestorben und begraben
[am] 4. Iyyar 5605.
Ihre Seele sei eingebunden
im Bunde des Lebens!
3) Menachem (Manchen) Rosenstock und Dina geb. Löbenstein
Der Handelsmann Manchen (Menachem *1806) Rosenstock war von Beruf angeblich Schneider (laut Stammbaum Rosenstock und Grundliste 1826), offenbar aber auch Gastwirt – als solcher wird er in seiner Sterbeurkunde und der seines Sohnes Hesekiel bezeichnet. Außerdem war er als Synagogenältester der jüdischen Gemeinde Buchenau ein sehr angesehener Mann. 1833 heiratete er Dina Löbenstein (*1798) in Buchenau. Das Ehepaar bekam drei Kinder:
Hesekiel (*1834 - 1905), Levi (1837 – 1896), Abraham (1840 – 1903).
Levi und Abraham ließen sich im benachbarten Eiterfeld nieder, während Hesekiel in Buchenau ansässig blieb und offenbar als Ältester den väterlichen Betrieb weiterführte.
Hier ruht
eine rechtschaffene,
liebliche Frau. Ihr Wandel
war in Redlichkeit.
Sie übte Wohltätigkeit
all ihre Tage
und achtete behutsam
auf die Pflichten der Frauen
ihr Leben lang.
Das ist Frau Dina,
Ehefrau des Menachem,
Sohn des ehrw. R. Jecheskel
Hier ruht
ein weiser geachteter und
redlicher Mann. Viele Jahre
war er Vorsteher seiner Gemeinde in Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit.
D. i. das Haupt der Gemeinde
und Leiter der Versammlung,
Menachem, Sohn des ehrw.
R. Jecheskell, aus Buchenau.
Gestorben am Samstag und
begraben am Sonntag, 3. Sivan
5628 nach der kl. Zählung.
Seine Seele sei eingebunden
im Bunde des Lebens!
4) Hesekiel (Hess *1834) Rosenstock und Hanchen geb. May
Hesekiel (Hess) Rosenstock heiratete 1862 Hanchen May (*1840), Tochter des Thoraschreibers Nathan May und seiner Ehefrau Eva geb. Löbenstein in Raboldshausen. Hess Rosenstock war von Beruf Metzger und betrieb in Buchenau eine Gastwirtschaft mit Metzgerei. Das ist auch bestätigt durch einen Eintrag im Buchenauer Geburtsregister, wo er 1875 bei der Anzeige der Geburt seiner Tochter Mina als Handelsmann und Gastwirt, wohnhaft im Haus Nr. 81, eingetragen ist.
Das Ehepaar Hanchen und Hess Rosenstock bekam 12 Kinder, die alle in Buchenau das Licht der Welt erblickten:
- Nathan, geb. 1863, gest. 1932 in Buchenau (Großvater von Shlomith Eisenberg)
- Dina, geb. 1865 (1886 USA, heiratet in Chicago Ferdinand Reiner, gest. 1948, FHR)
- Simon, geb. 1867 (1885 New York, Buchhändler und Graveur in Chicago, gest. 1948, FHR)
- Manchen, geb. 1869 (Holocaust/29. 9. 1942 Treblinka)
- Helene (gen. Lina), geb. 1871 (Holocaust/29. 9. 1942 Treblinka)
- Feilchen (gen. Fanny), geb. 1873 (Holocaust/9. 9. 1942 Theresienstadt
- Mina, geb./gest. 1875
- Moses, geb./gest. 1877
- Berta, geb. 1879, gest. 1942 in Buchenau
- Malchen, geb. 1881, Holocaust/4. 4. 1943 Theresienstadt
- Abraham, geb. 1883, gefallen 1916 im 1. Weltkrieg (FHR)
- Levi, geb. 1885, Holocaust/23. 1. 1943 Auschwitz
Die Eltern Hesekiel und Hanchen Rosenstock starben beide im Jahr 1905 in Buchenau und wurden auf dem zuständigen jüdischen Friedhof in Burghaun begraben.
Wie aus der obigen Aufzählung hervorgeht starben Mina und Moses als Säuglinge, Abraham fiel 1916 im ersten Weltkrieg. Der Lebensweg von Dina und Simon ist weitgehend unbekannt. In den 1930er Jahren waren noch und wieder in Buchenau ansässig: Nathan, Manchen, Helene (Lina), Feilchen (Fanny), Berta, Malchen und Levi.
Das Gebäude, in welchem sich die Gastwirtschaft befunden hatte, ist noch heute -bis auf eine Verkleidung der Außenwände- fast unverändert in der Hermann-Lietz-Straße Nr. 3 erhalten.
Zur Zeit (Oktober 2021) ist es unbewohnt und in vernachlässigtem Zustand.